So wenige Menschen und so viel Landschaft habe ich noch nie gesehen. Das ist erst mal nicht nur angenehm, gestern zum Beispiel habe ich die ganze Zeit gedacht: Was ist, wenn wir liegen bleiben in dieser Wildnis? Wie viel Wasser haben wir dabei, wie viele Wollpullis und Decken? Gibt es hier Bären und Wölfe?
Heute habe ich mich bereits etwas an die Abwesenheit von Zivilisation gewöhnt und Michaela muss mich nicht mehr ständig verständnislos anschauen, weil ich die Füße auf den Wagenboden stemme und sichtbar verspanne angesichts der unwirtlichen Weiten.
Nationalpark Saltfjellet – berückend schön
Gestern, am Tag 4, haben wir die Grenze nach Norwegen überschritten. Auf der heutigen Etappe landen wir ziemlich bald nach Fahrtantritt auf einem Hochplateau. Flechten bedecken den Boden und Steine, wir sehen einige Steintürme auf größeren Felsen, die andere Reisende gemacht haben, und beim Aussteigen verstehe ich auch, warum. Die Landschaft ist berückend. Es ist vollständig still und viel wärmer, als man es auf dieser von eisigen Bergriesen eingefassten Ebene für möglich halten würde. Die Luft ist klar und man riecht förmlich, wie sauber sie ist. Der Wind, der uns die letzten Tage begleitet und stetig in den Benzinkanistern auf dem Dach gesungen hat, hat aufgehört.
Ich gehe über den weichen, nachgiebigen Boden und finde die Idee, hier im Nationalpark Saltfjellet (s. Film) Urlaub zu machen und zu wandern, nicht mehr abwegig. Ich würde gern gehen, einfach weiter, aber die Zeit drängt, und so baue ich weder einen Steinturm noch schaue ich, was sich hinter dem nächsten Felsen verbirgt. Erstmals macht sich Unwillen bemerkbar, dass wir immer fahren müssen und nirgends bleiben können, aber sobald ich wieder hinterm Steuer des Saabs sitze, ist der Unwille verflogen. Der Turbo sirrt und wir fahren weiter.
Dieser Artikel ist ursprünglich auf dem Rallye-Blog mahtava2.de erschienen.