Strasse in Nordworwegen

Der Saab ist kein
Offroader oder Norwegen, die härtere Seite

Runter von den Lofoten, weiter die norwegische Küste entlang Richtung Varangerbotn kurz vor der russischen Grenze.
Routine macht sich breit und verstärkt die Müdigkeit durch chronischen Schlafmangel. Kurvig geht es überland bei Tempo 80, einen Berg hinauf, unten ein Fjord, und wieder herunter, dann kommt eine Ortschaft mit Tempo 60, dann das Gleiche wieder von vorn.

Strasse am Fjord

 

Immer der norwegische Küste entlang

Nachdem wir zu Beginn dieser Etappe von etlichen Teams überholt werden, die ebenfalls vom Partyplatz an den Lofoten abziehen, fragen wir uns, wie auch wir das strenge norwegische Tempolimit entschärfen können.
Wir beschließen, so lange zu schleichen, bis uns ein Einheimischer überholt (und KEIN deutsches Wohnmobil, die halten sich immer ganz strikt ans Tempolimit und versperren dazu den Blick auf die Landschaft). Dem Norweger fahren wir dann hinterher und verlassen uns darauf, dass er über einen Blitzer-Infodienst verfügt, in diesem Land sicher Standardausrüstung für Autofahrer.
Das läuft auch ganz gut. Wir kommen zügig voran die norwegische Küste entlang Richtung Osten. Bis kurz vor Russland wollen wir heute fahren und eine Freundin von Michaela besuchen, die in dem abgelegenen Ort Varangerbotn lebt.

Nordnorwegen

 

„Was ist, wenn wir in dieser Einöde liegen bleiben?“

Die Fahrt dorthin wird uns fast den Auspuff kosten und mich wieder angstvoll in die Sitze drücken. Irgendwann nämlich fahren wir zwar einen Berg hinauf, aber nicht wieder hinunter. Stattdessen landen wir auf einer mondähnlichen Kraterlandschaft, ein Hochplateau von unirdischer Feindlichkeit. Die Straße steigt nachtschwarz auf einem Damm hoch hinaus ins Nirgendwo, und auf der anderen Seite des Scheitelpunktes hört sie einfach auf und wird Baustelle.
Schotter, Geröll, Schlaglöcher, Bodenwellen; auch im Schritttempo höre ich, wie das Mittelteil unseres Auspuffrohrs aufsetzt. Dort gibt es eine Überbrückung, eine Art silberfarbiges Netz, das nun mit feinem Sirren auf dem Boden schleift. Meter um Meter quälen wir uns und das Auto weiter, und irgendwann kommt zum hellen Sirren ein tieferes „Klonk“ hinzu, der Auspufftopf hinten hat Bodenberührung.
Ich bin wieder überaus beschäftigt mit der alten Frage „Was ist, wenn wir in dieser Einöde liegen bleiben?“, aber irgendwann sind Hochplateau und Baustelle vorbei und der Auspuff noch dran, wenn wir auch von jetzt an bei jeder kleinen Unebenheit ein helles Sirren und dazu nicht selten ein tieferes Klonk hören.

Eine Entschädigung in Form frischer Krabben

Für diese Zumutungen werden wir am Abend mit frischen Krabben entschädigt, die wir nach Landesart mit unterschiedlichen Arten von Mayonnaise auf Toast essen.

Krabben mit Dip

 

Notfallbehandlung für den Saab

Am nächsten Morgen füge ich mich in mein Schicksal als angelernte Kfz-Mechanikerin und lege mich unters Auto, das wir zuvor mit zwei Wagenhebern so weit wie möglich vom Boden gehoben haben. Was ich sehe, ist nicht schön. Das Überbrückungsteil ist unten durchgescheuert, der Auspufftopf aus seiner Halterung gesprungen. Ich versuche die Halterung wieder in die Aufhängung zu drücken, mir fehlt aber die Kraft und ich habe das Gefühl, dass die massive Stahlkarosserie auch aufgebockt direkt auf meinen Brustkorb drückt. Nix wie raus unter dem Schwedenstahl!

Also kommt der Saab am Samstag zur Notfallbehandlung in die örtliche Werkstatt, wo der Mechaniker den Auspuff in die Halterung drückt und sagt, das andere hält noch ewig. Das wird sich als Irrtum herausstellen, vorerst aber fahren wir mal so weg von diesem unwirtlichen Ort.

Dieser Artikel ist ursprünglich auf dem Rallye-Blog mahtava2.de erschienen.

Teile diesen Beitrag:

Kategorien BSC2015 Roadtrips

über

Freiberufliche Redakteurin für Verlage wie Gruner + Jahr, Süddeutsche Zeitung und Condé Nast. Verpasst mit Vorliebe Texten den letzten Schliff und verfasst auch selbst welche. Ausgleichssport: Gartenarbeit und Rallye fahren.

  1. Ein echt großartiger Blog, Andrea, Glückwunsch und Respekt. Und zwar nicht nur wegen der tollen Rezepte und schönen Photos, sondern vor allem auch Deines Erzählstils wegen. Danke fürs Teilen, sowie die Erwähnung per Elmastudio – werde hier häufig und immer gern zurückkehren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert