Nachts am Polarkreis

Wie ich Weihnachten
am Polarkreis feiere

Finnisch-Lappland ist für viele gleichbedeutend mit Rentieren, Huskys und letztendlich den Weihnachtsmann. Wieso ich weder noch getroffen habe und trotzdem ganz wunderbare Weihnachten hatte, oder gerade deswegen…

Wenn das vorweihnachtliche Geschiebe in Deutschlands Innenstädten losgeht, man vor lauter Weihnachtfeiern und Geschenkestress nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht, dann ist für mich meist die Zeit gekommen, mich nach Finnland zu verzupfen, genauer gesagt, in mein Häuschen oberhalb des Polarkreises.

Inzwischen haben sich Familie und Freunde daran gewöhnt, dass ich dann einfach mal weg bin. Auch wenn ich immer wieder zu hören bekomme: „Da ist es doch die ganze Zeit dunkel und nix los! Was machst du denn da?“ Das ist es ja gerade – ich mache vorzugsweise gar nichts! Ich übe mich im Nichtstun. Raus aus dem Hamsterrad, rein in die Stille und die Batterien für das nächste Jahr aufladen.

Wintertlandschaft

Klar gibt es auch in Finnland für mich vor dem Fest noch so einiges zu erledigen, denn ich liebe Weihnachten mit allem Drum und Dran! Baum, Plätzchen, Weihnachtslieder und das alles eben am liebsten im Schnee! Und den gibt es auch dieses Jahr wieder reichlich. Winterwonderland im Reinformat!

Fensterschmuck

Weihnachtsessen

Im Gegensatz zu mir beginnt die finnische Hausfrau für gewöhnlich schon im Herbst mit diversen Weihnachtsvorbereitungen, denn ein Großteil der weihnachtlichen Leckereien lassen sich gut vorbereiten und prima einfrieren. Das kann ich natürlich nicht, bei mir gibt es deshalb eine etwas abgespeckte Variante der Weihnachtstafel. Dabei versuche ich trotzdem, das erklärte Ziel des „joulupöytä“ zu erreichen: Dass sich der Tisch unter der Last der vielen guten Speisen biegt. In puncto Weihnachtsessen is(s)t man in Finnland sehr traditionell. So finden sich auf der Weihnachtstafel zum Beispiel Fisch in den verschiedensten Variationen, etwa marinierte Heringe, Heringssalat und Lachs, warmgeräuchert oder gepökelt. Der unbestrittene kulinarische Höhepunkt auf der Festtafel ist jedoch der Weihnachtsschinken. Dazu reicht man Steckrüben-, Kartoffel- oder Karottenauflauf. Oft bleibt von diesem üppigen Buffet eine Menge übrig, sodass man sich durch die ganzen Feiertage futtern kann, ohne noch einmal am Herd stehen zu müssen. Ein wunderbares Konzept!
>>> Noch mehr finnische Weihnachts-Rezepte findest du übrigens in meinem kostenlosen Ebook „Meine finnischen Weihnachten“

FrühstückstischRote Bete Graved Lachs

Deutsch-Finnische Weihnachten am Polarkreis

Meine Weihnachtstafel ist meist eine Mischung aus typisch finnischen und deutschen Weihnachtsgerichten. Die Entscheidung, ob es Weihnachtsschinken oder eine Weihnachtsgans geben wird, erübrigt sich oft ganz von alleine. Entweder im örtlichen Supermarkt gibt es eine gefrorene Gans – oder auch nicht. Dieses Jahr gab es für mich sogar beides. Zum einen hatte ich schon auf der Herfahrt in Rovaniemi eine Gans erstanden und zum anderen waren wir am 1. Weihnachtsfeiertag bei Bekannten zum Essen eingeladen, typisch finnisch mit Schinken und Aufläufen. Im Gegenzug gab es für sie die schon sehnlichst erwarteten Leckereien aus der Deutschland: Elisenlebkuchen und Stollen.
Gans fertig für den Ofen

Selbst geschlagener Weihnachtsbaum

Jedes Jahr aufs neue begebe ich mich mit Säge und Axt bewaffnet auf die Suche nach dem geeigneten Weihnachtsbaum oder Julupuu wie er in Finnland heißt. Leider habe ich diesen Sommer verpasst schon mal nach einem geeigneten Exemplar Ausschau zu halten. Nun sind alle von einer dicken Schneehaube bedeckt und die Form lässt sich kaum ausmachen. Bei – 24 Grad besteht auch keine Chance den Schnee abzuschütteln. Ich mache kurzen Prozess und fälle direkt einen hinter der alten Scheune, denn ich habe bei diesen Minusgraden keine Lust meterweit durch den knietiefen Schnee zu stapfen. Nachdem er abgetaut ist, entpuppt er sich, gelinde gesagt, als den unförmigsten Baum, den ich seit langem hatte. Aber egal, sobald die Kerzen brennen, ist auch dieser Baum schön!
ScheuneScheune Eingang

Weihnachtsbräuche

Steht der Heiligabend endlich vor der Tür, halte ich es für gewöhnlich wie die Finnen und lasse den Morgen des 24. ruhig angehen. Erst einmal den Holzofen anheizen, Kaffee aufsetzen und, nicht zu vergessen, den traditionellen Weihnachts-Milchreis kochen. Die Heringe sind bereits eingelegt, der Lachs gebeizt, der Rosolli geschnipselt und später schiebe ich noch eine Kulebjaka in den Ofen. Ich kann dem Heiligabend also entspannt entgegen sehen.
Geruhsam geht der Tag weiter und spätestens um Punkt 12 Uhr, wenn vom Balkon des Doms im südfinnischen Turku der Weihnachtsfrieden verlesen wird versinkt Finnland, in feierlicher Stille.

Hundespaziergang

Wir hingegen nutzen die wenigen hellen Stunden zur Mittagszeit für einen ausgedehnten Winterspaziergang. Das Wetter ist klar und am Horizont zaubert der Himmel einen Verlauf von hellblau zu zartrosa. Ich kann mich kaum satt sehen. Auf jedem Hof, an dem wir auf unserem Weg vorbei kommen erstrahlt weihnachtliche Beleuchtung und der Geruch von Holzfeuer liegt in der Luft. Spätestens jetzt, weiß ich wieder genau, weswegen ich auch dieses Jahr wieder tausende Kilometer Richtung Norden gefahren bin.

Laterne

Und spätestens, wenn ich den Holzofen in der Sauna angeheizt habe und darauf warte, dass sie heiß wird, und mich mit einem Heißgetränk und einem ofenwarmen Joulutorttu auf dem Sofa niederlasse, bin ich mir ganz ganz sicher!

Koskue Gin & Juice

WeihnachtsbaumWeihnachtsbaumWeihnachtssauna

Erst nach der Sauna wird bei uns dann gegessen und beschert. Wobei der Übergang fließend ist und der Abend meist eher einer Pyjamaparty ähnelt. Da man nach der Sauna oft noch seinen Bademantel an hat. Aber mal ehrlich gibt es denn was schöneres als im Schlafi mit einem Glas Wein vor dem Kamin zu sitzen und in seinen neuen Büchern zu schmökern.

Inzwischen sind fast alle Heringe gegessen, die Reste der Kulebjaka eingefroren und aus dem restlichen gebeizten Lachs zaubere ich morgen einen Fischauflauf. Und was mache ich an Silvester? Ich denke das wird ähnlich entspannt ablaufen 🙂

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  1. Wow, das klingt einfach traumhaft! Ich beneide dich für dein Häuschen in Finnland 🙂 Und der Schnee erst…. 🙂 🙂

  2. Hört sich herrlich an. Die. Ordicfamily hat mehr “Trubel” in Schwedisch Lappland.

  3. Das klingt einfach nur schön. Herzliche Grüße aus Deutschland. Lg cindy

  4. Traumhaft! Wir hatten finnische Weihnachten in Süddeutschland und freuen uns schon auf das rote, familieneigene Holzhaus in Sommer!

  5. Wunderschön. Danke für die schönen Bilder, die so sehr Lust auf eine Reise nach Finnland machen.
    Liebe Grüße
    Leni

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  8. Schön! So wunderbar in meine savo-finnische Augen dass ich es noch einmal kucken muss!! Du kochst Art von unser jedertags Leben! Dass Mökki(Hut)-Leben isst ja etwas sehr lieb fur mich und viele von Uns. Einen wunderbaren Cocktail hasst Du hier!

  9. […] [14:50] Michaela erzählt von ihrem roten Holzhäuschen oberhalb des Polarkreises und so feiert sie dort Weihnachten. […]

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